Max Lang und die Zusammenarbeit

guylang —  12. Februar 2013 — 2 Comments

Dr. Wolfgang Zörner, Regisseur

«Max Lang war für mich als Opernregisseur ein idealer Partner. Ein Dirigent, der auf fast jeder Stellprobe anwesend war und somit das Bühnegeschehen mitgestaltete, ein Dirigent, der es begrüsste, wenn der Regisseur, also ich, teilweise bei den Orchesterproben vorbeischaute, um zuzuhören oder auch dem Orchester manches zu erläutern, was auf der Bühne geschehen sollte.

Wolfgang Zoener

Denn wir haben zusammen viel Ungewöhnliches gemacht; wenn wir beispielsweisein Brittens ‹Beggars Opera› Dirigent und Orchester über den ganzen Abend in das Bühnegeschehen eingebaut haben. Und  wir haben uns bei allen gemeinsamen Produktionen die ‹erprobten› Striche genau angeschaut, um in den meisten Fällen zur Überzeugung zu kommen, dass sie nicht sinnvoll sind – das besonders bei Verdi. Und um bei Verdi zu bleiben: die häufig auftretende ‹pausa lunga› hat fast immer ihre Entsprechung in der Handlung erhalten, wie auch jedes Tempo oder jede musikalische Dynamik, was zur Folge hatte, dass sich die Sänger stets sicher aufgehoben fühlten.

Max Lang, ein Dirigent, der sich dem Einsatz der Tontechnik nicht verschloss und auf diesem Gebiet ein begeisterter Mitstreiter war. Höhepunkt auf diesem Gebiet war unser ‹Faust›, in dem wir der Kirchenszene durch die Tontechnik eine völlig andere Akustik gaben und die Schlussszene zu einem überirdischen Klangerlebnis werden liessen. Ja, die Schlussszenen – bei ‹Attila›, ‹Lucia di Lammermoor› und ‹Don Carlos› – mit denen haben wir uns besonders beschäftigt; immer von der Idee geleitet, dass es unsere Aufgabe ist, das Werk heute, für die Menschen unserer Zeit auf die Bühne zu bringen. Wir spielen auf heutigen Instrumenten, beleuchten die Bühne nicht mehr mit Kerzen- oder Fackelschein und wollen kein historisierendes Theater. Der dramaturgisch völlig abrupte Schluss des ‹Attila» wurde von Max Lang mit musikalischen Elementen aus dem Stück zu einer für den Darsteller des Attila sehr anspruchsvollen Todesszene ausgebaut; ‹Lucia› liessen wir mit dem Tod des Edgardo ausklingen, und als wir zum Abschluss unserer gemeinsamen Arbeit den ‹Don Carlos› in der französischen Urfassung herausbrachten, sind wir einem Rat Claudio Abbados gefolgt, und haben das Stück auf seinem dramatischen Höhepunkt, der Erscheinung Karls V , enden lassen.

Das gemeinsame  Erarbeiten eines Konzeptes und dessen gemeinsame Realisation haben bei unseren Arbeiten stets zu Interpretationen geführt, in denen Musik und Szene zu einer Einheit wurden. Max Langs Theaterinstinkt hat mich immer beflügelt, und wahrscheinlich fand ich leichten Zugang zu ihm, weil meine Arbeitsunterlage die Partitur und nicht das Reclam-Heft war. Es war eine befruchtende Zeit – die Mitstreiter und das Publikum haben es uns gedankt.»

Dr. Wolfgang Zörner ist Regisseur und leitete das Stadttheater St. Gallen von 1973 bis 1980. Zusammen mit Max Lang entstanden mehrere Inszenierungen, die vom guten Einverständnis zwischen musiaklischer und szenischer Leitung geprägt waren.
Heute lebt Wolfgang Zörner in Österreich und züchtet Berner Sennenhunde.

2 responses to Max Lang und die Zusammenarbeit

  1. Johannes Güntensperger 23. Februar 2013 at 14:49

    Ich erinnere mich sehr gut an diese Zeit. Für mich war die Zusammenarbeit von Ihnen und Max Lang (einem intimen Freund meiner Eltern) die beste Zeit des Stadttheaters St.Gallen. Vielleicht erinneren Sie sich an meine Mutter, die damals im Verwaltungrat des Theaters war (Sibyll Güntensperger-Gsell, Kantonsrichterin). Vielen Dank für diese schöne Zeit. Johannes Güntensperger

    • Wolfgang Zörner 30. April 2013 at 10:34

      Natürlich erinnere ich mich an Frau Güntensberger und die professionelle Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsrat (ich habe auch andere Erfahrungen gemacht). Die St.Galler Zeit war für mich aufregend, anstrengend und fruchtbar, und ich freue mich, daß ich als Erinnerung an die Arbeit mit Max Lang noch einige Tondokumente habe.
      Wolfgang Zörner

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